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Helsinkis Geheimnisse: Die vergessene Treppe und ihre Geschichte

Manchmal hast du einen Ort vielleicht schon mehrfach besucht, er scheint fast vertraut und dann taucht ein kleines Detail auf, dass dir nie zuvor aufgefallen ist. Wie eine schmale, versteckte, steinerne Treppe im Kaivopuisto in Helsinki. Einstmals der Weg zur dramatischen Aussichten, heute zu wunderschönen Ausblicken.

(Titelbild: © Helsingin kaupunginmuseo)

Ein beliebter Aussichtspunkt und fast vergessene Stufen

Helsinki, die finnische Hauptstadt am Meer ist eine grüne Stadt mit vielen Parkflächen, die zum verweilen und erholen einladen. Hier wird spazieren gegangen, gesportelt, gepicknickt, gefeiert, kurz: gelebt. So auch im Kaivopuisto, der sich im Südosten der Halbinsel befindet, auf der die Innenstadt liegt und von dessen Felsen sich ein wunderbarer Blick eröffnet über die Schären und Richtung Suomenlinna. Auf jenen Felsen steht auch eine Observartorium der finnischen astronomischen Gesellschaft Ursa, das in den 1920er Jahren erbaut wurde. Der Park ist das ganze Jahr bei Einheimischen wie Touristen beliebt. Zu Vappu gibt es hier ein riesiges Picknick, zum Helsinki Day ein kostenloses Konzert und im Winter rodeln die kleinen und großen Kinder die Hänge hinab. Auch ich bin hier bei meinen Besuchen schon oft gewesen und aus den verschiedensten Richtungen zum Observartorium nach oben gelaufen. Dabei ist mir erst nach vielen Besuchen ein kleiner Trampepfad aufgefallen, dem ich folgte und der mich an den Fuß einer etwas versteckten und sehr schmalen Treppe führte, die sich in die Felsen quetscht und ebenfalls nach oben führt. Wieso war sie mir nie aufgefallen und viel interessanter: Warum und seit wann ist sie hier?

Der Gärtner war`s!

Die Geschichte des Kaivopuisto (Brunnsparken auf Schwedisch) beginnt 1834, als man hier ein Kurbad mit Park erbaute. In und um den “Brunnenpark” urlaubte der russische Adel, der zu jener Zeit nicht ins Ausland reisen, aber sehr wohl das Kurbad in Helsinki besuchen konnte, da es seinerzeit zu Russland gehörte. Lange Zeit war es ein beliebtes Reiseziel der Sankt Petersburger Oberschicht , verlor aber nach dem Krimkrieg an Bedeutung. 1944 wurden die Gebäude des Kurbades im Bombardement des Fortsetzungskrieges zerstört. Nur das Restaurantgebäude blieb erhalten und ist noch heute in Betrieb. Wo früher besonders reines Wasser beworben und ausgeschenkt wurde, fließen heute auch hochprozentigere Flüssigkeiten. Das gesunde Mineralwasser stammte übrigens vom Chemiker Victor Hartwall, dessen Name man heute noch kennt. Was einst als Mineralwasserhersteller begann, ist heute ein Brauer und Getränkehersteller. So tragen die Getränke, die über die Theke gehen, heute teils noch den gleichen Namen wie damals.

Aber zurück zur Treppe. Denn jetzt ergibt es Sinn. Geschaffen hat sie in den 1830er Jahren im Zuge der Ausgestaltung der Parkanlage und des Kurbades, ein deutscher Gärtner namens Carl Helm, um den russischen Herrschaften den Weg auf die Felsen zu erleichtern, die schon damals einen wunderbaren Ausblick boten. 1855 bot sich hier ein ganz besonderes, wenn auch makaberes Spektakel. Damals kam es im Rahmen des Krimkriegs im Finnischen Meerbusen zu einer Bombardierung der vor Helsinki liegenden, damals noch russischen Festung Sveaborg (heute Suomenlinna) durch eine alliierte Flotte aus Großbritannien und Frankreich. Vom 9. bis 11. August 1855 beschossen die Schiffe die Festung während des sogenannten Baltischen Feldzugs des Krieges. Die Bewohner der Innenstadt, die nicht von den Kriegeshandlungen betroffen waren, kamen auf die Felsen des Kaivopuisto und beobachteten das Bombardement wie ein makaberes Feuerwerk.

Die Zeit überdauert

Die Treppe hat all dies überdauert, der Park und dass Restaurantgebäude ebenso wie Getränke der Firma Hartwall (ob mit oder ohne Prozente), aber noch viel wichtiger: Der wunderbare Ausblick. Hoffen wir, dass die Menschen hier weiterhin ganz friedlich zusammenkommen. Und wenn du das nächste Mal in Helsinki bist, statte doch der versteckten Treppe, die Carl einst baute, mal einen Besuch ab. Du findest sie in der Nähe des Kinderspielplatzes.


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