Eine Zeitreise am Ufer des Saimaa, scheue Seebewohner, Wellness und viel Natur für den inneren Finnen.
Hier und auch da habe ich bereits über meine Reise ins herbstliche Finnland berichtet und nehme euch heute mit auf den letzten Teil der Reise.
Hotel & Spa Resort Järvisydän
Inhalt
Wir bleiben am Saimaa. Genauer gesagt im Hotel & Spa Resort Järvisydän bei Rantasalmi. Das dunkle hölzerne Gebäude am Ufer des Saimaa wirkt ein bisschen wie aus einer anderen Zeit und der erste Eindruck soll sich bestätigen. Auch im Inneren hat alles einen mittelalterlichen Charme, teils wirkt das Gebäude wirklich alt und die Angestellten tragen Gewand. In die Lobby ragt sogar der Bug eines alten Holzschiffes. Ich mag das ja, aber bin doch etwas überrascht. Das es für all das eine ebenso logische wie schöne und faszinierende Erklärung gibt, werden wir später erfahren.
Erlebnishotel
Zunächst werden wir von Tanja Heiskanen freundlich in Empfang genommen und bekommen unsere Zimmer im Anbau des Haupthauses. Dem Erlebnishotel. Neben den Zimmern befinden sich hier auch Konferenzräume, Säle, der Weinkeller, eine Bar (aus deren Decke ein altes Schiff ragt, daß in Zukunft auch begehbar gemacht werden soll) und ein kleiner Shop.
Die Zimmer
Ich beziehe mein Zimmer, wobei Zimmer in diesem Fall etwas untertrieben ist. Es sind wunderschöne rustikale Apartments mit Whirlpool und Balkon. Meine Suite trägt den Titel “Oravi”, was mich schmunzeln lässt. Im Sommer war ich schon mal auf der anderen Seite des Saimaa in, man ahnt es, Oravi.
Bootsfahrt und Saimaa-Robben
Nachdem ich einen ersten Rundgang durch mein Refugium gemacht habe, treffen wir uns in der Lobby. Nach einem Willkommenstrunk bekommen wir Schwimmwesten und bei Bedarf Gummistiefel und Jacken und man entführt uns auf eine Bootstour über den See. Es ist grau, nass, kalt, windig und … wunderschön. Diese Landschaft hat wirklich zu jeder Jahreszeit ihren Reiz. Keine hohle Phrase, sondern schlicht die Wahrheit.
Wir landen an einer kleinen Insel an und erfahren im Haupthaus etwas mehr über den wahrscheinlich bekanntesten, aber scheusten Bewohner des Sees: die Saimaa Robbe. Die Population wird streng geschützt. Diese Robbenart, deren Bestand in den 50er Jahren stark schrumpfte, da die Tiere als Schädlinge angesehen und bekämpft wurden, gibt es nirgends sonst auf der Welt. Danach sank der Bestand weiter durch moderne Fischfangmethoden und Umweltverschmutzung, so daß es Anfang der 80er Jahre nur noch etwa 150 Tiere gab. Daraufhin wurde der Schutz weiter verschärft und heute sind es immerhin etwa 360-400 Tiere, die in der Region leben. Unter optimalen Bedingungen wäre allerdings Raum für etwa 4000 Tiere. Die Robbe ist vollständig geschützt. Wer ein Tier tötet zahlt etwa 10.000 Euro Strafe. Der Klimawandel ist allerdings der wahrscheinlich ärgste Feind der Saimaa Robbe, die ihre Jungen in einer Schneehöhle zur Welt bringt. Neuerdings experimentiert man mit künstlichen Schneehöhlen und erzielt gute Erfolge. Im letzten Jahr erblickten 84 kleine Saimaa Robben das Licht der Welt. Wer eines der seltenen Tiere einmal in freier Wildbahn sehen möchte, der sollte sich zwischen Mitte Mai bis Mitte Juni auf den Weg machen. Am sichersten ist die letzte Maiwoche, denn dann findet der Fellwechsel statt und die Tiere liegen zum Trocknen auf den Felsen in der Sonne. Sonst sind sie die meiste Zeit unter Wasser.
Tip: Eine Tour über den Saimaa könnt ihr über eure Unterkunft buchen oder aber z.b. auch mit dem emissionslosen elektrischen Boot von Mr. Arto machen. LakelandGTE
Im Einklang mit dem inneren Finnen
Nach dem Vortrag streife ich mit einer meiner Mitreisenden (Tanja von Spaness) etwas über die Insel. Es ist einfach zu schön um nur drinnen zu sein und es regnet gerade auch nicht. Hier inmitten des Sees, am Rande des Linnansaari Nationalparks, lässt sich wunderbar auf und durchatmen. Da ist sie wieder, die Entschleunigung, die in Finnland jedesmal automatisch eintritt. Tanja ist zum ersten Mal in Finnland und spürt es auch. Und da stehen wir einen Moment zu viert. Tanja, ich und unsere inneren Finnen. Denn spätestens jetzt haben wir sie wohl gefunden.
Nachdem wir noch Würstchen im Feuer gegrillt, Pfannkuchen gegessen und angestoßen haben, geht es zurück ins Hotel, denn es steht Wellness auf dem Programm.
Zeit für Wellness
Während Tanja das Aerial Yoga testet, begebe ich mich in dem neuen Spa-Bereich in der Nähe des Haupthauses schon eine Etage tiefer und teste die Saunen. Das Spa ist einladend gestaltet mit viel Holz und Stein und dem Blick auf den See. Selbstverständlich gibt es auch einen Aussenbereich und Zugang zu einem Strand, aber auch ein kleines Seewasserbecken zur Abkühlung direkt auf der Terrasse. Ich teste mich durch die Saunen, bevorzuge aber die klassische Sauna und traue mich anschliessend in das hier etwa 14 Grad kalte Seewasser. Ach, wenn ich Sauna und See doch nur mitnehmen könnte. Es soll in Finnland zwischen 2 und 3 Millionen Saunen geben (bei etwa 5,5 Millionen Einwohnern) und langsam beginne auch ich das zu verstehen.
Der Weinkeller
Im Anschluss an den Saunagang ruhe ich noch etwas in meinem Apartment, bevor ich der Einladung zum Abendessen in den Weinkeller folge. Was nach einem kleinen Keller klingt, entpuppt sich als großes Gewölbe mit mittelalterlichem Flair. Wir stoßen an zur Begrüßung und erfahren, daß es hier neben Weinen z.B. aus der Toscana und Neuseeland, auch einen Wein aus Rheinhessen gibt. Der Hauswein Järvisydäns stammt von der Weinstrasse. Ein guter Freund der Familie – Phillip Fürst – stellt diesen Wein her. Und bevor es nun an die festlich gedeckte Tafel geht, erfahren wir auch endlich mehr zur Geschichte des rustikalen Gebäudes.
Lebendige Geschichte
Die Geschichte des Järvisydäns geht nämlich zurück bis ins Jahr 1658, als ein Mitglied der Heiskanen-Familie ein Stück Land geschenkt bekam. An die Belohnung für die Dienste in der Armee, war die Auflage geknüpft, ein Gästehaus zu errichten. In annehmbaren Abständen musste es schliesslich immer eine Möglichkeit zum Austausch der Pferde geben. Aus dem Stück Land mit der Raststätte und den Pferden wurde ein Hotel, welches heute in 11. Generation betrieben wird. Die Geschichte wird in den Gebäuden, der Umgebung, in den Restaurants und bei den Aktivitäten rund um das Resort hochgehalten. Die Familie Heiskanen und ihre Angestellten sind das ganze Jahr mit Herzblut und vollem Einsatz bei der Sache und das spürt man auch in jeder Ecke des neuen Hotels, das aus finnischem Felsen und altem Bauholz errichtet wurde. Die Dame des Hauses ist freilich Finnin durch und durch und winkt ab, als sei das nichts besonderes, doch das ist es und ich freue mich, die Geschichte zu hören und den Geist des alten Gästehauses zu spüren. Bevor wir uns aber noch einbilden Hufgetrappel zu hören, begeben wir uns zum Essen wieder in den Weinkeller, wo uns die Küche Spezialitäten der Region serviert. Man legt wert auf saisonale und regionale Produkte und das schmeckt man auch. Die ausgesuchten Weine runden das Menü perfekt ab.
Neues von der Bucket List – Karaoke
Es ist spät geworden und wir möchten unsere Gastgeber nicht länger aufhalten, doch einmal mehr habe ich zumindest die Finnen unterschätzt. Ein Schlummertrunk in der Bar müsse schon noch sein und ob wir denn wüssten, dass in Finnland gerne Karaoke gesungen wird. Ja, ich hörte davon und war bisher immer rechtzeitig auf der Flucht. Andererseits ist “Karaoke singen” auch ein Punkt auf meiner Bucket List. Ich mache es kurz: Feiern kann man im Järvisydän ebenfalls und meine Bucket List bekommt ein weiteres Häkchen. Unter uns befindet sich glücklicherweise eine begnadete Sängerin und so wird das ganze sehr angenehm. Ich singe noch einen Song meiner Lieblingsband, die Hausherrin tanzt und am Ende singen wir alle sehr schief, aber sehr andächtig die “Maamme” – die finnische Nationalhymne. Als wir uns verabschieden, müssen wir einmal mehr feststellen, dass das einfach gut passt mit den Finnen und den Deutschen, trotz oder gerade wegen unserer Unterschiede. Vielleicht liegt es am inneren Finnen – wer weiss das schon so genau.
Fazit
Als wir uns nach dem Frühstück am nächsten Morgen zur Abfahrt bereit machen, steht unsere Gastgeberin schon wieder strahlend und im Gewand bereit, um uns zu verabschieden und uns Verpflegung für die Fahrt mit zu geben. Als wir fahren winke ich noch einmal und muss schmunzeln, wie sie da mit ihrem Weidenkorb vor dem großen Holzgebäude am See steht, erwartet man jeden Moment die nächste Postkutsche. Das Järvisydän vereint Geschichte und moderne Hotel&Spa Kultur. Definitiv anders, aber auch definitiv erlebenswert.
Mit einem Bus geht es in etwa 3,5 Std. wieder zurück nach Helsinki, wo wir mit Finnlines gemütlich die Rückreise antreten.Für dieses Mal heisst es Abschied nehmen von Finnland, aber ich komme wieder. Das ist sicher.
Ich bedanke mich bei Finnlines und Visit Mikkeli /Finland für die Einladung zu dieser Reise.
Ein Großteil der Bilder wurde mir vom Hotel & Spa Resort Järvisydän zur Verfügung gestellt. Danke dafür.
Linksammlung:
Bloggerkollegin und Wellness-Bummler Tanja hat auch über unsere Reise gebloggt.
Pingback: Entspannung pur in Finnland: Entschleunigung zwischen 1.000 Seen | ReiseFreaks ReiseBlog
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