Die Sauna gehört in Finnland einfach dazu, sie ist Teil der Kultur, Ort der körperlichen und seelischen Reinigung. In Sysmä durfte ich diesen Sommer mit meiner Familie einen ganz besonderen Saunaabend am See erleben, mit Kräutern und Torf, Löyly und Birkenzweig.
Kräuter, Torf und Sauna
Inhalt
Es ist Juli und die Nachmittagssonne scheint noch angenehm warm auf unsere Gesichter, als wir uns in Sysmä mit Pauliina treffen. Sie wartet auf dem Campingplatz vor dem mintfarbenen Holzhaus auf uns, in dem wir kurz zuvor eingecheckt haben, begrüßt uns lächelnd und schwenkt einen Weidenkorb, denn wir sind verabredet, um mit ihr Kräuter zu suchen und später ein ganz besonderes Saunaerlebnis zu zelebrieren.
Kräuterexkursion auf Finnisch
Wir kommen problemlos ins Gespräch und so machen wir uns auf einen kurzweiligen Spaziergang, um unweit von unserem Campingplatz Kräuter und Blumen zu sammeln, die uns später in der Sauna helfen sollen zu entspannen.
Pauliina kennt sich aus. Ihr gehört ein kleiner Laden in Sysmä, der sich zur Aufgabe gemacht hat, mit natürlichen Produkten und Dienstleistungen Gesundheit und Wohlbefinden zu verbessern. Und das mit viel Herzblut. Sie zeigt uns die ersten Pflanzen und fragt, ob wir wissen, um welches Kraut es sich denn handle. Aussehen und Geruch sind mir vertraut und ich weiß, dass ich die Pflanze kennen müsste, aber komme beim besten Willen nicht auf den Namen. In meiner Tätigkeit als Hebamme arbeite ich begleitend durchaus mit Kräutern, die mir aber in der Regel getrocknet in Tees oder als Öle begegnen. Pauliina schmunzelt, bestätigt, dass ich auf der richtigen Spur bin, und endlich fällt der Groschen. Natürlich. Es ist die Schafgarbe.
Mittels Übersetzungsfunktion des Handys übersetzen wir die Namen der Kräuter, die wir finden vom Finnischen ins Englische und dann ins Deutsche. Wir lernen, dass einige völlig ungiftige Heilkräuter giftige „Zwillinge“ haben und Unerfahrene sie daher lieber nicht selbst suchen sollten. Mit Pauliina an unsere Seite ist das aber kein Problem und so können wir ganz entspannt auch mal probieren.
Ich hatte ganz vergessen, wie gut z.B. roter Klee schmeckt. Kindheitserinnerungen kommen auf und werden weitergegeben. Unsere Räubertochter nascht den ganzen Heimweg roten Klee und wir lächeln jetzt schon entspannt, noch bevor wir die Sauna überhaupt erreicht haben.
Zurück zur Natur in Sysmä
Einiges, was Pauliina uns zeigt und erklärt, ist völlig neu für uns, aber viele der Kräuter waren mir eigentlich bekannt und dennoch hätte ich sie nicht erkannt, bzw. daran gedacht. Ich wäre einfach vorbeigegangen. Wie schön, dass das heute anders war. Wie schön, dass wir heute durch einen einfachen Spaziergang ein Stück zurück zur Natur gefunden haben. Ist es das, was die Menschen hierher zieht, frage ich und Pauliina bejaht. Natürlich sei auch Finnland modern und nicht jeder zieht mit dem Kräuterkörbchen los, aber man habe eben noch viel intakte Natur, Seen, Wälder und sei insgesamt noch verbundener damit. „Digital detox“ macht man hier schon immer völlig selbstverständlich. Waldspaziergänge, Beeren sammeln, Wochenenden im Mökki, Sauna, See – das alles gehöre eben dazu. Ich nicke. Wer Entspannung sucht und sich wieder mehr mit der Natur verbinden will, ist hier definitiv richtig.
Relax like a Finn – Ab in die Sauna
Apropos Entspannung und Wohlbefinden, der Korb ist gefüllt und wir gehen zurück zum Campingplatz, denn dort wartet die Sauna am See auf uns. Mit Pauliinas Hilfe sortieren wir rasch unsere Kräuter. Ein paar kommen in unsere Wasserkaraffe für später, ein großer Teil in ein heißes Fußbad und der Rest so in die Sauna. Wie das duftet!
Wir bugsieren unsere Schüsseln in die Sauna und machen es uns auf der Bank gemütlich. Natürlich ordnungsgemäß auf der Laudeliina, der Sauna-Sitzunterlage aus Leinen und Baumwolle. Die Räubertochter steckt noch etwas skeptisch die Füße ins heiße Fußbad und auch der Kaiser ist kein routinierter Saunagänger, doch jedwede Skepsis weicht schnell der Entspannung und strahlenden Gesichtern.
Nach einer ersten Runde zieht es uns zum See, den wir über einen eigenen Steg erreichen, und natürlich erfrischen wir uns im kühlen Nass. Auch die Räubertochter, der der dunkle See erst nicht so geheuer ist, traut sich hinein. An der Sauna stehen Erfrischungen für uns bereit, schließlich soll man viel trinken.
Torfsauna und Löyly
Im Vorraum hat Pauliina bereits alles für den nächsten Saunagang vorbereitet, denn nun gibt es noch eine Torfbehandlung. Ein Drittel Finnlands besteht aus Torfboden und so hat die Torfsauna hier Tradition. Natürlich kann man sich nicht einfach wahllos Moor auf die Haut streichen. Der Torf, den wir verwenden, ist therapeutischer und getesteter Torf aus finnischen Mooren, der den Torffeldern der Umwelt zuliebe per Hand entzogen wurde. Lediglich die nicht zersetzten Holzfasern werden im Reinigungsprozess entfernt. Reinigen soll er nun auch unsere Haut.
Beherzt greifen wir zu und schmieren uns die fast schwarze Masse ins Gesicht. Das macht auch der Räubertochter Spaß und schon bald sitzen wir mit unserer Torfmaske wieder auf der Saunabank. Damit der Torf nicht antrocknet, sorgen wir für ordentlich „Löyly“, also für den Dampf, der in der Sauna vom Ofen aufsteigt. Früher bedeutete das Wort auch „Geist“. Der Geist der Sauna hat zumindest unsere 9-Jährige gepackt, denn die Räubertochter sorgt höchstselbst mit einer Kelle Wasser für genug „Löyly“, bevor wir erneut in den See abtauchen.
Eine weitere Saunarunde, mit viel Dampf und „sauna vasta/vihta“ (Birkenquast) später, sind wir wieder sauber und sitzen nach einer abschließenden Runde im See tiefenentspannt bei Kräutertee mit Honig und etwas zu Knabbern vor der Sauna und schauen noch einen Moment gemeinsam mit Pauliina über den See. Sie sagt, sie liebt diese Sommerabende und wir stimmen zu. Doch diesen Abend haben wir ganz besonders genossen, dank Kräutern, Torf, Sauna, See und nicht zuletzt Pauliina.
Paljon kiitoksia hauskasta illasta. Olipas hyvät löylyt – Vielen Dank für den schönen Abend. Das war eine tolle Sauna (Sitzung).
Infos
Wenn ihr auch einmal Kräuter suchen und die Torfbehandlung in der Sauna am See genießen wollt, dann kann ich euch die Kombination ans Herz legen, nach Sysmä zu reisen, auf dem Campingplatz zu nächtigen (wer kein Campingfahrzeug besitzt und auch nicht zelten mag, kann eine der kleinen Hütten beziehen) und bei Pauliina von Luontoemo ein solches Erlebnis zu buchen. Entspannt wie ein Finne könnt ihr dann noch weitere schöne Ecken in der Region Lahti entdecken.
Transparenzhinweis: Dieser Beitrag kann Werbung für die genannten Unternehmen enthalten. Der Besuch des Campingplatzes und der Sauna erfolgte aufgrund einer Einladung von Visit Lahti, was meine Meinung allerdings nicht beeinflusst. Es fand keine Bezahlung statt.
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